ALEXANDER PELZER – „Keine Brücke vom Sein zum Sollen“ – Normgeltung bei Kelsen und Kant

Datum/Zeit
28. Mai 2025
19:00 - 20:00

Treffen der Wiener PRO SCIENTIA-Gruppe mit Vortrag von Alexander Pelzer

„Keine Brücke vom Sein zum Sollen“ – Normgeltung bei Kelsen und Kant
Die Frage, wie genau eine Norm Geltung erlangt und damit die Handlungen von Menschen beeinflusst, nimmt im Rechtspositivismus der Wiener Schule keine zentrale Stellung ein. Und doch überträgt sich die logische Unterscheidung von Sein und Sollen auf den Prozess der Rechtssetzung. Sie erscheint dort als Notwendigkeit, vom naturhaft-seienden Willen eines Individuums zu abstrahieren. Laut Kelsen muss der Inhalt des Willens zuerst vom Individuum abgekoppelt werden und die Form der normativen Ordnung annehmen, bevor er im Namen des Staates legitimiert und durchgesetzt werden kann. Aus diesem Grund ist für ihn die „praktische Vernunft“ Kants kein genuin rechtssetzendes Vermögen: Ihr Inhalt bleibe verwoben mit dem Willen bestimmter Individuen. – Die Unabhängigkeit vom Willen ist in der Tat ein wichtiges Kriterium. Aber sollte Kelsen mit seiner Kant-Interpretation falsch liegen und die praktische Vernunft doch dem Willen bestimmter Individuen enthoben sein, könnte sie als rechtssetzende Instanz in Erscheinung treten. Anstatt die logische Unterscheidung von Sein und Sollen in Form eines bürokratischen Abstraktionsprozesses zu doppeln, und so der Moral das Recht entgegenzustellen, könnte man beide am Vernunftvermögen des Menschen messen, und dadurch die Geltung von Normen sichern.